Meister! HSG Wittlich jubelt im Hexenkessel und hat viel vor

Mirko Blahak, Sport-Redakteur Trierischer Volksfreund

Foto © Sebastian J. Schwarz

Die Verbandsliga-Meisterschaft ist für die erste Herren-Mannschaft der HSG Wittlich per se eine tolle Sache – doch der Titelgewinn schmeckt angesichts der Rahmenbedingungen noch süßer. Die HSG-Handballer siegten im Endspiel um Platz eins mit 26:25 beim bisherigen Tabellenführer HSC Igel, der zu Hause in seinem ,Hexenkessel‘ seit fast zwei Jahren kein Spiel mehr verloren hatte. Begleitet wurde die HSG von einigen Fans in einem gecharterten Reisebus, war für eine würdige Final-Atmosphäre sorgte. „Für uns hat sich die Partie so nicht wie ein Auswärtsspiel angefühlt. Die Kulisse war super, und die Stimmung in beiden Fan-Lagern war prächtig“, berichtet HSG-Meistertrainer Nico Weber.

Nach den hart umkämpften 60 Minuten in der Igeler Turnhalle konnte der Feier-Marathon starten. Bei der Rückfahrt im Bus, und in Wittlich dann zunächst im Vorraum der heimischen Halle der Berufsbildenden Schule und anschließend in der Klosterschenke, dem HSG-Stammlokal in der Karrstraße.

Die HSG hat Igel auf den letzten Drücker die Meisterschaft aus den Händen gerissen. Anfang Dezember lag Wittlich in der Tabelle nach dem Erfolg gegen den HSC im Hinspiel vorne, doch nach einer Auswärtsniederlage in Saarburg wurden sie im HSG-Lager doch leicht nervös. Denn auch wenn Wittlich nie offensiv die Meisterschaft und den Aufstieg als Ziel ausgegeben hatte – intern war genau das die Maßgabe. Coach Weber: „Wir haben von uns schon sehr viel erwartet. Wir wollten am Ende ganz oben stehen.“

Foto: HSG Wittlich

Weber – gebürtiger Wittlicher, 29 Jahre alt – ist in der zweiten Saison hauptverantwortlicher Trainer der HSG-Männermannschaft. In der vergangenen Saison war das Team im Mittelfeld gelandet. „Wir haben es geschafft, unser Spiel in den Griff zu bekommen und verschiedene Systeme zu etablieren und zu festigen“, nennt Weber ein Erfolgsrezept. Ein weiteres: gewachsene Erfahrung. Weber: „Wir haben eine junge Mannschaft mit einem Durchschnittsalter von 23, 24 Jahren. In der vorigen Saison hatten wir es noch nicht geschafft, in entscheidenden Momenten die Punkte einzufahren. Inzwischen sind alle reifer und abgeklärter geworden. Was die Spieler im Kopf für einen Sprung gemacht haben, ist Wahnsinn.“

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Neuzugang Sören Reifferscheidt vom TuS Daun hob zudem die Qualität im Kader. Für die neue (Rheinlandliga-)Saison wird es einen weiteren neuen Hochkaräter im HSG-Team geben. Schon vor der eingetüteten Meisterschaft hatte der Verein die Verpflichtung von Kai Lißmann bekannt gegeben. Der 1,90-Meter-Rückraum-Hüne kehrt aus der Oberliga (wo er derzeit noch für den HV Vallendar spielt) zurück zu den Wurzeln. Der 25-Jährige, der als Bauleiter in Longuich arbeitet, kam vor zehn Jahren aus der Nähe von Hanau (Hessen) nach Wittlich, spielte in der HSG-B-Jugend und der ersten Männermannschaft. 2019 wechselte er zum TuS Daun, mit dem er in die Oberliga aufstieg.

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Nicht nur auf dem Feld werden die Dienste des großgewachsenen Rechtshänders gefragt sein. Lißmann soll als mitspielender Co-Trainer zudem Nico Weber entlasten, der bislang als Spielertrainer fungiert und sich künftig vornehmlich aufs Coaching an der Seitenlinie konzentrieren will. Und damit jene Aufgabe ausfüllen wird, wegen der er 2021 zur HSG zurückgekommen ist, nachdem er im Verein von den Minis bis zur ersten Mannschaft gespielt hat und dann über die HSG Hunsrück nach Köln gegangen war, wo er an der Sporthochschule studierte und für die Vereine Königsdorf (Landesliga) und Longerich (Oberliga) aktiv war: „Ich bin eigentlich gar nicht zur HSG zurückgekehrt, um nochmal als Spieler aufzutreten.“ Personelle Engpässe hatten die Doppelfunktion zur Folge – und das, obwohl Weber in der Vergangenheit Knieverletzungen übel mitgespielt haben.

Im linken Knie riss zweimal das Kreuzband, auch der Meniskus war kaputt. Hinzu kam eine Entzündung, weshalb er sich zahlreichen Operationen unterziehen musste. Die Verletzungen kosteten ihn das Sport-Studium, das er nach fünf Semestern abbrechen musste.

Weber sattelte um, absolvierte ein Studium an der Hochschule für Finanzen in Edenkoben und arbeitet heute beim Finanzamt Trier. „Das Sport-Studium war mein großer Traum. Der Abbruch hat mich emotional sehr getroffen. Durch die Trainerfunktion habe ich es nun aber geschafft, dem Sport und speziell dem Handball treu zu bleiben“, gewährt Weber einen Blick in seine Gefühlswelt.

Wenn die Perspektiven stimmen, macht die Trainerarbeit dann auch gleich noch mehr Spaß. Und Weber bewertet die Aussichten bei der HSG positiv. Die Verpflichtungen von Reifferscheidt und Lißmann zeigten, dass der Verein auch für Spieler aus höheren Klassen attraktiv sei. Gleiches gelte für Jugendspieler – bei der HSG wird Wert auf eine gute Verzahnung mit dem Nachwuchsbereich gelegt.


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„Wir wollen unser Projekt im Männerbereich vorantreiben und eine regionale Anlaufstelle für Talente werden“, ließ sich unlängst Michael Bollig, im HSG-Vorstand zuständig für den männlichen Seniorenbereich, in einer Vereinsmitteilung zitieren.


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Erstmal gilt es für Wittlich indes, die aktuelle Verbandsliga-Saison anständig zu Ende zu spielen. Noch steht das Spiel gegen die HSG Obere Nahe aus. Doch selbst bei einer Niederlage und einem gleichzeitigen Sieg der HSG Hunsrück ändert sich das Bild an der Tabellenspitze nicht mehr – auch wenn Wittlich, Igel und die Hunsrück-Reserve dann alle 23:9 Punkte hätten. In dem Fall zählt der Direkt-Vergleich unter den Top drei, und da hat Wittlich die Nase vorne.

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