Weil er bereits vor zehn Jahren ins Trainergeschäft reinschnupperte, ist Tobias Quary mit Mitte 20 als Handball-Coach alles andere als ein Novize. Warum der „Aufsteiger“ so früh an die Seitenlinie wechselte, was er mit den Oberliga-Damen der HSG Wittlich vorhat – und weshalb er den Liverpool-Trainer so bewundert.
Von Mirko Blahak, Trierischer Volksfreund, 6.2.2024
In der Familie Quary aus Schweich spielt der Fußball eine große Rolle. Tobias Quary erlebt das hautnah. Vater Horst hat lange beim TuS Mosella Schweich gespielt, Bruder Christopher ist dort aktuell ebenfalls aktiv, und Cousin Patrick ist derzeit Coach der zweiten Schweicher Mannschaft. Ach ja: Und Onkel Achim Quary gehörte einst zum Zweitliga-Kader von Eintracht Trier.
Klar, dass auch Tobias in jungen Jahren Fußball spielte. Doch der heute 25-Jährige hat es geschafft, dass auch der Handball im Hause Quary inzwischen einen hohen Stellenwert genießt. Nach der C-Jugend setzte Tobias ganz auf den kleineren Ball – bis dato hatte er Fußball und Handball parallel gespielt.
Er durchlief alle Jugendteams des HSC Schweich und landete in der ersten Herren-Mannschaft, mit der er in der Handball-Rheinlandliga spielte. Doch der Rückraum-Spieler (Mitte, links) hatte mit schweren Verletzungen zu kämpfen – am Knie, an der Schulter. Eine Schulter-OP mit kompliziertem Heilungsverlauf setzte einen Schlusspunkt. Karriere-Ende als Spieler vor rund drei Jahren. Zwangsweise, wobei Quary auch merkte, dass seine Qualitäten als Spieler an ein Limit stießen: „Ich hatte eine ganz gute Spielübersicht und war fix im Kopf, aber ich war relativ langsam auf den Beinen.“
Quary nutzte verletzungsbedingte Zwangspausen, um schon früh – mit 14, 15 Jahren – ins Trainergeschäft reinzuschnuppern. Seine schnelle Auffassungsgabe kam ihm dabei zugute. Er merkte, für den Trainerjob ein Händchen zu haben. Er coachte beim HSC Schweich verschiedene Jugendteams und übernahm die Damen-Rheinlandliga-Mannschaft, als er noch keine 20 Jahre alt war. Petra Longen vermittelte ihm während dieser Zeit wichtige Grundlagen.
Nach einem Auslandsjahr im Anschluss ans Abitur (Work and Travel in Kanada) gab’s den Kontakt zu Thomas Feilen und den Beginn der Trainertätigkeit bei der HSG Wittlich. Als Coach im Nachwuchs (mit der weiblichen B-Jugend der HSG erreichte er 2023 das Viertelfinale um die Deutsche Meisterschaft) und als Co-Trainer von Feilen bei den Damen.
Bei der HSG wurde zur neuen Saison ein Rollentausch vollzogen. Quary rückte bei den Damen als neuer „Chef“-Trainer in die erste Reihe, Feilen rückte ins zweite Glied. Für Quary ist es ein sanfter Übergang, der aber Herausforderungen bereithält: „Mein Riesenvorteil war, dass ich die Mannschaft schon länger kenne. Ich wusste, was auf mich zukommt. Doch es ist jetzt schon etwas anderes, die Mannschaft zu führen und in wichtigen Situationen Entscheidungen zu treffen. Da ist der Rat und die Unterstützung von Thomas Gold wert.“
Quary ist als Trainer mit gerade mal 25 Jahren eine Ausnahme. Ein Vorteil oder Nachteil? „Ich habe den Vorteil, dass ich über mehrere Jahre hinweg in die Rolle hineinwachsen konnte. Ich habe den Mut, neue Dinge auszuprobieren. Was fehlt, ist natürlich Lebenserfahrung. Die kommt. Man wächst an Situationen.“
Parallel will Quary, der an der Uni Trier ein gymnasiales Lehramtsstudium (Biologie, Erdkunde) absolviert, künftig auch nochmal intensiver im Nachwuchsbereich mitwirken – sofern es die knapp bemessene Zeit erlaubt: „Das wäre mir eine Riesenherzensangelegenheit. Als ich früh im Trainergeschäft angefangen habe, war es wichtig für mich, jemanden zu haben, an den ich mich wenden konnte, wenn ich nicht weiter wusste.“
Als Coach setzt Quary auf eine aktive Deckung, mit dem Ziel, fix ins Umschaltspiel zu kommen. Temperamentvoll ist es auch an der Seitenlinie: „Ich bin eigentlich ein ruhiger, zurückhaltender Zeitgenosse. Wenn beim Handball das Spiel losgeht, bin ich aber ziemlich emotional bei der Sache.“
Ziel der HSG Wittlich ist es, wieder in die 3. Liga zurückzukehren und sich dort zu etablieren. Vielleicht klappt es bereits in dieser Saison. Die HSG liefert sich an der Oberliga-Spitze einen Zweikampf mit der FSG Ketsch/Friesenheim 2. Wittlich hat als Zweiter zwei Punkte Rückstand, gastiert am 16. März aber noch in Ludwigshafen. Nur der Meister hat eine Drittliga-Chance – der Erste muss sich aber noch in einer Aufstiegsrelegation mit zwei Vertretern aus Baden-Württemberg und einem Club aus Bayern behaupten und in der Vierer-Gruppe mindestens Zweiter werden.
Quary erachtet die 3. Liga – früher oder später – als realistisches Ziel: „Wir müssen dazu weiter gute Spielerinnen selbst ausbilden und diese Talente dann auch in der Region halten. Das geht nur über eine leistungsorientierte Damen-Mannschaft.“
Quary möchte den Trainer-Job ebenfalls leistungsorientiert ausüben – in ferner Zukunft mit dem Trainer-Beruf irgendwo vielleicht auch mal seinen Lebensunterhalt verdienen. „Handball ist für mich mehr als ein Hobby“, sagt der Inhaber der B-Lizenz, der die A-Lizenz im Blick hat. Mit großem Interesse verfolgt er die Karrieren (junger) deutscher Handball-Trainer – etwa die von Sebastian Hinze bei den Rhein-Neckar Löwen und Bennet Wiegert beim SC Magdeburg.
Sein größtes Vorbild ist aber Jürgen Klopp, (Noch-)Trainer des FC Liverpool. „Er ist extrem authentisch und schafft es wie kaum ein anderer, seine Mannschaft von seiner Spielidee zu überzeugen, sie mitzunehmen, Feuer zu entfachen. Das ist beispiellos.“ In den Gedanken Quarys ist der Fußball also auch weiterhin verankert. Seine Familie wird’s freuen.