Mit regionalen Talenten ins Abenteuer 3. Liga

3. Liga Süd-West – Björn Pazen – Handball World 21.8.2020: HSG Wittlich stürzt sich mit regionalen Talenten ins Abenteuer 3. Liga

Handballfans aus ganz Deutschland kennen die HSG Wittlich seit 1999 als Organisator des internationalen Frauen-Vorbereitungsturniers Anfang August, das zunächst Stelioplast-Cup hieß und seit einigen Jahren als Wittlicher Handball Cup firmiert. Jetzt stieg die HSG Wittlich erstmals in die 3. Liga auf.

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Foto: Dieter Rau/HSG


Anfangs spielte die HSG beim eigenen Turnier noch mit, merkte dann aber schnell, dass Teams wie Viborg, Larvik, Metz oder Rekordsieger Leipzig doch andere Kaliber waren.


In Wittlich konzentriert man sich schon immer auf die Nachwuchsarbeit, und die trug schon vor 15 Jahren Früchte, als man zweimal in die damalige Regionalliga aufstieg – fast ausschließlich mit Spielerinnen aus dem eigenen Verein oder der Region Wittlich/Trier. Dieser Weg wurde konstant fortgesetzt – und nun spielt die Mannschaft von Thomas Feilen erstmals in der 3. Liga, wo man als einziges rheinland-pfälzisches Team in die Staffel Südwest eingruppiert wurde.


Beim größten Erfolg der Vereinsgeschichte gab es wegen Corona aber keine Sektdusche und keine große Party – aber das will die HSG Wittlich nachholen. Meister der Oberliga Rheinland-Pfalz/Saarland dürfen sie sich wegen des Saisonabbruchs aber nicht nennen.


„Wir hätten äußerst gerne die Saison zu Ende gespielt. Mein Team hat eine herausragend konstante Saison mit 36:4 Punkten gespielt. Wir sind 18 Spiele in Folge ungeschlagen und waren natürlich über das gesellschaftlich absolut verständliche und sicherlich richtige Aussetzen der Saison und dem anschließenden Abbruch der Runde zunächst geknickt“, sagt Trainer Thomas Feilen, im Hauptberuf Gymnasiallehrer: „Ich hätte meinem Team die Meisterschaftsfeier sehr gegönnt und gewünscht. Sie haben unheimlich viel Fleiß, Herzblut, Rücksicht, Geduld und Fokussierung eingebracht, vor dem ich nur den Hut ziehen kann“


Nachdem die Corona-Beschränkungen in Rheinland-Pfalz gelockert wurden, konnte die Mannschaft dann ab Ende Mai auch wieder ins Training starten. Mit dabei sind drei Neuzugänge, die alle aus der Region stammen. „Wir haben uns bei der Auswahl von Neuzugängen verstärkt auf regionale Spielerinnen konzentriert, die Qualität besitzen und die Motivation haben, mit dem nötigen Aufwand unsere Mannschaft zu verstärken“, sagt der Vereinsvorsitzende Axel Weinand.


Annika Bach (23) wechselt vom letztjährigen Ligakonkurrenten Moselweiß (bei Koblenz) zur HSG. Einen noch kürzeren Weg hatte Meike Frank: Die 26-Jährige kommt vom Oberligisten HSG Hunsrück aus Kleinich zum Aufsteiger. Neu ist auch Torfrau Alexandra Irmgartz, die aus dem Koblenzer Vorort Bassenheim nach Wittlich wechselte.


„Sie passen menschlich und sportlich perfekt in unsere Mannschaft. Die HSG Wittlich will als einziger Drittligist aus dem Handballverband Rheinland ambitionierten Spielerinnen aus der Region die Chance geben, höherklassig zu spielen. Andere Neuzugänge kommen für uns nicht infrage, nicht nur wegen unseren finanziellen Möglichkeiten“, betont Feilen.


Wie man sich bei der HSG dann für höhere Weihen empfehlen kann, zeigt zum Beispiel Leverkusens aus Wittlich stammende Bundesligaspielerin Jenny Souza. „Wir brauchen eine leistungsorientierte Jugendarbeit“, sagt Feilen: „Und wir wissen immer noch, wo wir herkommen.“ Bekannteste Spielerin und einziger echter Routinier im jungen Kader ist Kreisläuferin Andrea Czanik. Die Slowakin (41) wechselte nach der Insolvenz der Miezen vor einem Jahr aus Trier nach Wittlich und trainiert zudem eine HSG-Jugendmannschaft.


Mit einem Heimspiel gegen ihre ehemalige Vereinskameradin Marie Teusch und deren neuen Klub Bayer Leverkusen II starten die Handballerinnen der HSG Wittlich am 17. Oktober in ihre Premierensaison der 3. Bundesliga. „Das ist für den Start natürlich ein idealer Gegner“, freut sich Trainer Thomas Feilen nach der Bekanntgabe des Spielplans. „Wir sind absolut zufrieden mit der Zusammenstellung unserer Staffel. Die Auswärtsfahrten sind maximal 300 Kilometer lang“, sagt Weinand.


Die HSG gibt als Saisonziel den Klassenerhalt an. Weinand: „Wir peilen Platz acht an.“ Vor allem die Teams aus Baden-Württemberg sind für die Wittlicherinnen noch eine unbekannte Größe. Ob und wie viele Zuschauer zu den HSG-Heimspielen in die Wittlicher BBS-Halle kommen dürfen, steht aktuell noch nicht fest. Nimmt man die derzeit gültige Corona-Verordnung des Landes dürften bei Wahrung der Abstandsregel 150 Zuschauer in die Halle kommen.


„Diese Zahl würden wir packen“, sagt der Vereinsvorsitzende Axel Weinand. „Wir hoffen darauf, dass wir vor Fans spielen können, nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern auch, weil unsere Mannschaft als Aufsteiger auf die Unterstützung von den Rängen angewiesen ist“, ergänzt Thomas Feilen.


Bisher läuft die Vorbereitung laut Feilen „wie am Schnürchen“, alle Spielerinnen sind verletzungsfrei. „Natürlich mussten wir aufgrund des Aufstiegs die Zahl der Einheiten und die Intensität erhöhen, aber bis auf ein paar kleinere Blessuren sind alle richtig fit“, sagt der HSG-Trainer. In den ersten Testspielen gegen die Drittligisten Eddesheim und Marpingen zeigte sein Team trotz Niederlagen schon eine gute Form: „Die Spiele haben aber auch gezeigt, woran wir bis zum Saisonstart noch arbeiten müssen.“


Es folgt ein Kurztrainingslager in Wittlich, im September dann weitere Testspiele sowie die Teilnahme am Mittelhessen-Cup in Kleenheim (12./13. September), wo die HSG auf einige weitere Drittligisten trifft. „So lernen wir, was auf uns zukommt“, betont Feilen.


Neuzugänge:
Alexandra Irmgartz (TV Moselweiß), Meike Frank (HSG Hunsrück), Annika Bach (HSG Bassenheim)


Abgänge:
Lisa Rolinger (HSG Hunsrück), Giulia Wilhelmi (Karriereende)


Der Kader für die Saison 2020/21: Name Position Jahrgang
Alexandra Irmgartz TW 1987
Hanna Scharfbillig TW 1992
Anne Keil LA 1998
Merle Kloep LA 2003
Meike Frank LA 1993
Carolin Ambros RA 1994
Carla Schurich RA 1999
Helen Schieke RL 1995
Selina Teusch RM 1997
Annika Bach RM 1996
Nicole Packmohr RM 1993
Nele Kappes RR 1999
Lisa Kucher RR 1991
Frederike Engel KM 2001
Andrea Czanik KM 1979
Irina Lukanowski KM 1990

Trainer: Thomas Feilen


Quelle: Handball World

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